Alice Richter-Lovisa wird am 19. Dezember 1911 in Mannheim geboren und verstirbt dort am 25. Januar 1999.
Nach ihrer Ausbildung zur Erzieherin und Jugendleiterin (1928–1933) arbeitet sie nach dem Zweiten Weltkrieg als „Arts and Craft Teacher“ an der American Elementary School in Mannheim.
1952 besucht sie Zeichenkurse bei Karl Trummer in der Alten Sternwarte und ihre künstlerische Entwicklung beginnt.
Ihre erste Einzelausstellung Die Insel der Astronauten hat sie 1967 in der Galerie Tangente in Mannheim. In ihrem zweiten Ehemann, dem Architekten Hans Richter, findet sie ab 1967 einen kreativen Partner für zahlreiche Kunst-am-Bau-Projekte.
Als Autodidaktin zeichnet sich Richter-Lovisa durch ihre Vielseitigkeit aus: von Druckgrafiken über Metallreliefs bis hin zu Assemblagen. Humorvolle Werktitel und ein spielerischer Umgang mit Formen und Materialien prägen ihr Werk.
In den 1960er-Jahren macht sich Alice Richter-Lovisa mit Illustrationen für Prospekte und Plakate einen Namen. Ihre Auftragsarbeiten für Mannheim und Heidelberg kombinieren einfache, klare Formen mit kontrastreichen Farben.
Abseits ihrer Aufträge experimentiert sie mit lebendigen Farbkombinationen und reduzierten geometrischen Kompositionen, die in ihrer Klarheit an Josef Albers erinnern.
Nach ihrer Heirat mit Hans Richter widmet sich Alice Richter-Lovisa verstärkt Kunst-am-Bau-Projekten. Sie entwirft unter anderem einen Brunnen auf einem Kinderspielplatz im Quadrat H 6 in Mannheim, Türen und Wandstelen für Schulen und Kindergärten sowie ein Altarkreuz für die Lutherkirche in Neckarhausen.
Ihr Atelier, das sie mit dem Mannheimer Künstler Walter Koch (1918–1987) teilt, wird zur Ideenschmiede für zahlreiche Projekte, darunter auch Fensterverglasungen für Kirchen.
Ihre Arbeiten verbinden kreative Vielfalt mit funktionaler Ästhetik und bereichern die Bauprojekte mit innovativen Lösungen, die teilweise bis heute noch zu sehen sind.
Die 1970er-Jahre sind geprägt von ihrer Arbeit mit Kupfer. Aus Baumaterialien wie Rohren für Wasserleitungen und Kupferplatten schafft sie Reliefs, die durch ihre geometrischen Formen und die Wärme des Metalls beeindrucken.
Die Kupferelemente werden von Richter-Lovisa präzise zugeschnitten, gelötet und auf bemalten Holzplatten arrangiert. Sie verlieren dadurch gänzlich ihren alltäglichen Charakter und zeigen die Fähigkeiten der Künstlerin im Umgang mit verschiedenen Materialien.
Mit dem Material Metall beschäftigt sich Richter-Lovisa ihr ganzes Leben immer wieder: Sei es in diversen Kunst-am-Bau-Projekten, sei es mit Schmuckstücken, die sie Ende der 1960er-Jahre anfertigt und 1968 in der Galerie Europa in Berlin ausstellt oder aber mit ihren Assemblagen.
Auslöser für das Interesse von Alice Richter-Lovisa an der Assemblage-Technik ist ein Projekt für die Fachhochschule in Mannheim.
Sie erhält den Auftrag, eine Säule zu gestalten, und findet eine „Grabbelkiste ausgemusterter Teile“. Darin entdeckt sie elektronische Leiterplatten, die sie in das Projekt integriert. Fasziniert von den Platten beginnt sie Assemblagen zu kreieren.
Der Begriff bezeichnet in der bildenden Kunst eine besondere Art von Kunstwerken: Collagen mit plastischen Objekten, die auf einer Grundplatte befestigt sind. Die Werke haben eine reliefartige Oberfläche. Aber auch dreidimensionale Objekte können als Assemblage bezeichnet werden.
In den 1990er-Jahren widmet sie sich verstärkt dieser Technik. Sie kombiniert elektronische Bauteile, Haushaltsgegenstände wie Schlüssel und gefundene Materialien wie Murmeln oder Hufeisen zu humorvollen Kompositionen.
Ein besonderes Augenmerkt richtet sie dabei auf Leiterplatten, die sich in fast allen Assemblagen wiederfinden.
Titel wie Powerfrau mit Handy oder Kernloses Kraftwerk zeigen ihren spielerischen Ansatz. Diese Arbeiten sind keine gesellschaftskritischen Werke, sondern zeugen von ihrem Humor und ihrer Freude am Experimentieren.
Für Alice Richter-Lovisa ist Fantasie der „natürliche Atem des Lebens“. Ihre Werke zeugen von Optimismus, Experimentierfreude und einer tiefen Verbindung zu den Materialien, mit denen sie arbeitet. Vor allem ihre Assemblagen vereinen Humor mit technischer Präzision und hinterlassen ein ungewöhnliches künstlerisches Vermächtnis.
Impressum
Alice Richter-Lovisa (1911-1999) ist ein Projekt der Künstlernachlässe Mannheim
Herausgeber und Copyright: Künstlernachlässe Mannheim, 2024
Texte: Sophia Denk
Redaktion: Sophia Denk, Silvia Köhler
Umsetzung: Sophia Denk
Realisiert mit PAGEFLOW
Bildmaterial: Künstlernachlässe Mannheim, MARCHIVUM, Kathrin Schwab und aus Privatbesitz. Foto Brunnen in H 6 Robert Häuser: © Robert Häusser – Robert-Häusser-Archiv/Curt-Engelhorn-Stiftung, Mannheim.
Künstlernachlässe Mannheim, Waldparkstr. 28A, 68163 Mannheim gesetzlich vertreten durch Silvia Köhler
Telefon: 0151 287 07 629
E-Mail: info@kuenstlernachlaesse-mannheim.de
www.kuenstlernachlaesse-mannheim.de
Verantwortlich im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags: Silvia Köhler, Künstlernachlässe Mannheim, Waldparkstr. 28A, 68163 Mannheim